Alle Mann an Bord! Die erste positive Meldung zum Tag gab es bereits bei der Abfahrt nach Vorarlberg. Punkt 7:04 Uhr verließ der Teambus des First Vienna FC 1894 den Parkplatz auf der Hohen Warte. In der ersten Stunde wurde das Flagschiff des Traditionsklubs aus Döbling noch ohne „Kapitän“ gesteuert. Trainer Mario Posch, Co-Trainer Markus Tatar sowie die beiden Mannschafts-Kapitäne Thomas Mandl und Markus Speiser gesellten sich erst bei der Raststation St. Pölten zum Rest des Teams. Dann ging es Richtung Westen. Nicht der Sonne, sondern dem Regen entgegen…
Das Duell der Jubilare
Das Spiel der Vienna in der größten Marktgemeinde Österreichs war nicht nur der Abschied der Blau-Gelben auf fremden Boden in der Ersten Liga. Es war auch ein Duell zweier Jubilare: Austria Lustenau feiert in diesem Jahr den 100., die Vienna den 120. Geburtstag.
Weniger in Feierlaune war Stanisa Nikolic, der beim Aufwärmen einen Stich in der Achillessehne verspürte und damit bereits vor dem Anpfiff w.o. geben musste. Für ihn rückte kurzfristig (wieder einmal, wie bereits gegen den KSV 1919, damals für Kevin Krisch) Aaron Kircher in die Startformation.
Der Gsiberger Kircher als Zeichen-Setzer
Der Vorarlberger sollte in den ersten Minuten gleich auch die ersten Akzente setzen. Wenn auch nicht zum Gefallen seiner Landsleute: Erst holt Kircher Jailson, den sie im Ländle aufgrund seiner Hautfarbe nur „Schoko“ nennen, unsanft von den Beinen, dann trifft er selbigen unabsichtlich mit dem Ellbogen im Gesicht. Was den Effekt mit sich bringt, dass die 1700 Fans im Reichshofstadion einen der „ihren“ so ganz und gar nicht lieb haben. Kircher lässt sich von den „Liebesbekundungen“ seiner Landsleute aber nur wenig beeindrucken. Fußball ist eben eine Männersache, und da geht es ab und wann auch einmal etwas rustikaler zu. Wem’s nicht gefällt, der soll eben rhytmische Sportgymnastik gucken.
Marco Miesenböck schlüpft in die Hauptrolle
Der Ellbogen Kirchers war zugleich auch der Weckruf für eine ansehnliche Partie, bei der beide Teams munter drauf los spielten. Aus Sicht der Vienna sollte vor allem Marco Miesenböck in den Mittelpunkt des Geschehens rücken: Nachdem er die Kugel bereits an Lustenaus Torhüter Knett vorbei gelenkt hat, kann im letzten Moment Stückler klären. „Miese im Pech - Teil 1“ (11.). In der Folge übernehmen zwar die Hausherren das Kommando, so richtig gefährlich vor das Gäste-Gehäuse kommen sie aber mit ihren Bemühungen vorerst nicht.
„Miese im Glück“, aber Erinnerungen an Liefering
Also schlüpft wieder Miesenböck in die Hauptrolle: Er setzt sich gegen Kobleder durch und knallt das runde Ding knallhart unter die Latte (30.). Das Tor verdient zweifellos das Prädikat „Besonders sehenswert“. Ein wunderschöner Treffer gegen seinen Ex-Klub. Klar, dass „Miese“ die Glückwünsche seiner aktuellen Kameraden genießt. Schließlich wurde damit auch eine lange Negativserie beendet: In den sieben Spielen der beiden Mannschaften gegen einander davor, traf keiner von der blau-gelben Truppe in die Maschen. „Miese im Glück“.
Aber es werden auch Erinnerungen an das Spiel beim FC Liefering vor gar nicht allzu langer Zeit wach. Auch damals traf Miesenböck zur 1:0-Pausenführung. Am Ende ging die Vienna in der Red Bull Arena mit einer 1:2-Niederlage vom Platz. Sollte sich das Ganze heute Abend im Reichshofstadtion etwa wiederholen?
Die Prophezeiung des Fußball-Pofessors
Sechs Minuten nach Wiederbeginn stand erneut Marco Miesenböck im Mittelpunkt des Geschehens. Nach einem Fauxpas des kurz davor eingewechselten Jürgen Patocka (es sollten dessen letzten 40 Minuten als Fußball-Profi werden) verstolpert der Kärntner die Gelegenheit, mit seinem zweiten Treffer, den Sack zu zumachen. “Miese im Pech - Teil 2“. Und so kommt es, wie es eben so oft im Fußball kommt. Tore, die man nicht schießt, bekommt man. Und was für ein „deppates“ noch dazu. Bolter legt auf zu Galvao, dessen Schuss wird von Markus Speisers Rücken unhaltbar für Vienna-Goalie Günther Arnberger abgefälscht (56.). Wenn man kein Glück hat, kommt eben Pech auch noch dazu. Trainer-Legende Ivan Osim hat einmal gesagt: „Fußball ist ein Scheiß-Spiel“. Nicht ohne Grund nennt man Osim heute noch den „Fußball-Professor“.
Rotter übernimmt die Miesenböck-Rolle
Und weil nicht nur aller guten, sondern auch aller schlechten Dinge drei sind, übernimmt Dominik Rotter die Rolle als Hauptdarsteller von Marco Miesenböck. „Poldl“, wie „Miese“ ein Ex-Lustenauer, knallt die Kugel von der Strafraumgrenze beinhart an die Stange. Ja, darf denn das wahr sein? Und was passiert im Gegenstoß? Erraten! Austria Lustenau erzielt den Spiel entscheidenden Treffer zum 2:1. Der eingewechselte Chabbi steht bei einer Flanke goldrichtig und nickt ein (83.). Besser wäre gewesen, er wäre bei dieser Aktion eingeschlafen …
Nette Gesten nach der letzten Auswärtsniederlage
Fazit: Nach einem „Spiel der vergebenen Chancen“ muss die Truppe von Trainer Mario Posch einmal mehr das Spielfeld als Verlierer verlassen. Unverdient, wie auch Jürgen Patocka, danach zugab. „Die Vienna hatte tolle Chancen, wir haben die Tore gemacht. So ist eben Fußball. Nicht immer gerecht“. Es sollten die letzten Worte Patockas in einem Fußball-Trikot werden. Er hat seine Karriere beendet und wurde mit viel Applaus hüben wie drüben verabschiedet. Auch die Vienna-Boys reichten dem gebürtigen Untersiebenbrunner zum Abschied die Hände. Eine nette Geste. Wie auch jene der mitgereisten Vienna-Fans, die sich nach dem Spiel gemeinsam mit der Mannschaft für ein gemeinsames Foto ins Tor stellten (siehe Bild).
Der Showdown gegen Hartberg
Bis zum nächsten (und zugleich allerletzten) Spiel in der Ersten Liga haben die Burschen aus Döbling zehn Tage Zeit für Regeneration. Kann nicht schaden nach der 24-Stunden-Tour. Richtig regeneriert wird freilich nur am Mittwoch. Am Donnerstag beginnt wieder das Business as usual. Und am Freitag, den 23. Mai, kommt es dann gegen den TV Hartberg zum großen Showdown. Anpfiff für das Abschiedsspiel der Vienna aus der Ersten Liga ist bereits um 18 Uhr - eine halbe Stunde früher als gewohnt.
Aufstellung Austria Lustenau
Knett; Wall, Pürcher, Stückler, Kobleder (50. Patocka); Sakic (50. Chabbi), Galvao, Schreter (53. Grabher), Bolter; Tadic, Bolter
Aufstellung First Vienna FC
Arnberger, Kröpfl, Lebedev, Speiser, Kircher; Ismaili (46. Zellhofer), Rotter, Becirovic (88. Kuleski); Miesenböck, Bichelhuber, Schagerl
Torfolge: 0:1 (31.) Miesenböck, 1:1 (56.) Galvao, 2:1 (83.) Chabbi
Gelbe Karte: Grabher (86./Foul)
Reichshofstadion, 1700, Jäger