Was haben der dritte Mann, ein Mann namens Karl und eine durchaus gut gelaunte Gans gemeinsam? Euer sehr ergebener Chrimi hat das für euch herausgefunden und wird euch obendrein noch ein paar andere Geschichten über den sehr interessanten Döblinger Bezirksteil „Sievering“ erzählen.
Sievering liegt wohlig eingebettet zwischen Neustift und Grinzing und damit wirklich mitten in Döbling. Bis in die 70er-Jahre fuhr ja noch die Straßenbahnlinie 39 die Sieveringer Straße hinauf. Und damit sind wir auch schon bei der eingangs erwähnten gut gelaunten Gans angelangt. Die Gans Lilly, der sogar ein Denkmal gesetzt wurde, hatte nämlich die Angewohnheit, es sich auf den Straßenbahnschienen gemütlich zu machen. Sie zeigte keinerlei Ambitionen, sich von dort wegzubewegen wenn die Straßenbahn angefahren kam. Der Zugführer musste dann aussteigen und die Gans liebevoll von den Schienen tragen. Ja, damals hatte das Thema Straßenbahnfahren tatsächlich noch einen bemerkenswerten Entschleunigungsfaktor zu bieten. Heutzutage fährt man mit der Buslinie 39A bis hinauf zur Agnesgasse. Von dort aus zahlt es sich dann auf jeden Fall aus zu Fuß weiter zu gehen, um Obersievering einen Besuch abzustatten. Nach der wirklich markanten Engstelle – die zu früheren Zeiten von einem engagierten und lustigen Kerl mit weißen Handschuhen ehrenamtlich geregelt wurde – ist man dann – oh wie verwunderlich in Döbling – im Weinbauzentrum Sieverings. Wirklich charmant ist es dort geblieben, auch wenn doch immer mehr die Villen das Dorfbild prägen. Dass es ein besonders beliebtes Pflaster für gut betuchte ist, ist ebenso nicht verwunderlich. Die herrliche Grünruhelage ist halt einfach einladend. Für mich war es als Kind immer hochabenteuerlich, im Sieveringer Steinbruch herumzustreunen, ein bisserl herumzuklettern und Spaß zu haben.
Wanderlustige kommen von Sievering aus ebenfalls auf ihre Kosten. So ist der Spaziergang den Gspöttgraben entlang hinüber zum Himmel ein sehr feiner und man kommt an der malerisch gelegenen Sissi Kapelle vorbei. Wenn man jedoch einfach westwärts wandert, gelangt man hübsch hinaus in den Wienerwald und den vielen zum Picknick einladenden Wiesen. Ich bin fast überzeugt davon, dass viele von Euch im Rahmen der Schulausflüge und Wandertage dort irgendwo gelandet sein werden.
Verlassen wir aber jetzt die Döblinger Urwälder und kehren wir zurück in die Zivilisation. Es gibt ja einige bemerkenswerte Bauwerke in Sievering, die nicht ohne Erwähnung bleiben sollten. Wir bringen jetzt den Mann Namens Karl in Verbindung mit der gut gelaunten Gans. Der Herr Karl wurde nämlich vom legendären Helmut Qualtinger in unnachahmlicher Art und Weise verkörpert. Und wo genau lebte der liebe Qualtinger? Ja genau! Im Gemeindebau in Sievering. Der bis in die 90er Jahre noch als „Thrakl-Bau“ bekannte, grundsätzlich namenlose Gemeindebau wurde dann nach seinem berühmtesten Bewohner benannt und darf heute stolz den Namen Qualtinger-Hof tragen. Unweit des Qualtinger-Hofes gelegen findet man an der Ecke Sieveringer Straße / Daringergasse den Daringerhof. Lange Zeit war der Daringerhof ein tristes Bauwerk, das seine ganze Schönheit erst durch die Generalsanierung und dem Einzug des Großmeisters des Silikons und Botox, Worseg, wieder entfalten konnte. Dieses späthistorische Mietshaus ist echt ein architektonisches Meisterwerk und lässt vergessen, dass der gleich ums Eck liegende Qualtinger-Hof keinerlei architektonische Highlights zu bieten hat.
Sievering hatte bis Mitte der 80er Jahre sogar noch echte Großindustrie zu bieten. Auf dem Gelände des heutigen Franz-Weber-Hofes in der Weinberggasse stand das riesengroße Gräf & Stift Werk. Ein Stahlbetonkoloss war das. Unglaublich. Ich war ein kleiner Bub, als diese Wuchtigkeit dann geschleift wurde. Jeden Tag ging ich zuschauen, wie die Abrissbirne mit voller Wucht gewerkt hat. Und ich war dabei, als das letzte Stück eingerissen wurde. Man kann sich das gar nicht vorstellen was dort gestanden ist. Gleich gegenüber, wo heute der exklusive Wohnpark Fortuna steht, war aber weit und breit keine Spur von grüner Wiese. Nein, dort stand das Werk von Bensdorp. Auch dieses Werk wurde dann dem Erdboden gleich gemacht. Nach den Abrissarbeiten lag noch längere Zeit der Duft von Kakao und Schokolade in der Luft, denn die Lagerkeller kamen erst so an die frische Luft. Irgendwie werde ich gerade sentimental. Das hat wirklich gut gerochen.
Nachdem wir die fast schon vergessene Industrialisierung Sieverings nun ausreichend behandelt haben, sollte ich nun aufklären, was es in Bezug auf Sievering mit dem dritten Mann zu tun hat. Der dritte Mann ist – wie wir ja wissen – doch ein ordentliches Stückl durch die Wiener Kanalisation gelaufen, aber bis Sievering hat er es dann doch nicht geschafft. Es hat aber einer der Sievering lange Zeit geprägt hat geschafft, sich rund um den dritten Mann ein echtes Denkmal zu setzten. Die Rede ist natürlich von Anton Karas. Mit seiner Zither spielte er schon früh in Sieveringer Heurigen und als er dann 1948 von einem englischen Filmregisseur entdeckt wurde, ging er in die Geschichte ein. Wer von euch hat dieses eindringliche und großartige Werk jetzt nicht gerade im Ohr? Nach diesem großen Erfolg eröffnete Karas in Sievering den Nobelheurigen „zum dritten Mann“. Dort stellte sich dann die ganze Hautevolee und massig Touristen ein. Glücklich wurde Karas damit aber nicht und deshalb sperrte er zu seiner Pensionierung das Ganze wieder zu. Er hätte lieber bei normalen Wiener Heurigen für normale Wiener spielen sollen, die ihn auch verstanden hätten, soll er gemeint haben, der Herr Karas.
Jetzt wisst Ihr was eine Gans, Helmut Qualtinger und Anton Karas gemeinsam haben. Sievering.
Und wisst Ihr was wir alle gemeinsam haben? Nur noch eine Ausgabe von Unterwegs in Döbling denn danach geht es endlich wieder im Abseits weiter. Ich freu mich auf den Saisonstart!
Euer Chrimi
Quelle: wikipedia