Endlich wieder ein Pflichtspiel für Blau-Gelb. Und was für eines! Nach der zweiwöchigen Pause stand für die Slunecko-Elf das „Derby of Love“ auf dem Programm. Jenes Spiel also, das seine langen Schatten voraus warf.
In den letzten Tagen vor dem „Spiel der Spiele“ in der Regionalliga Ost gab es (nicht nur) in Döbling und Hernals ein einziges Thema: Wie viele Zuschauer werden den guten alten Sportclub-Platz bevölkern. Es sollten so viele kommen wie nie zuvor in einem Spiel der Regionalliga Ost.
7842 Fans fanden den Weg nach Hernals. Wer keine Tickets mehr ergattern konnte, konnte dennoch „live“ dabei sein. ORF Sport Plus übertrug erstmals ein Regionalliga-Spiel live. Sportklub gegen Vienna ist eben „different“ …
Zerrungen zwangen zu Umstellungen
Vienna-Trainer Hans Slunecko musste sein Team auf zwei Positionen gegenüber dem 0:0 vor zwei Wochen in Amstetten umstellen: Kapitän Markus Speiser verspürte beim Training am Mittwoch einen Stich in der linken Wade. Shit happens! An seiner Stelle bildete Stanisa Nikolic das Innenverteidiger-Duo mit Dominik Rotter, dem zweiten Kapitän.
Ebenfalls wegen einer Muskelfaserverletzung (im Oberschenkel) musste Felix Steiner beim Derby passen. Für ihn rutsche Geburtstagskind Hakan Gökcek (feierte am Tag vor dem Derby sein 22. Wiegenfest) in die Startelf. „Haki“ sollte bei einem denkwürdigen Spiel nachträglich ein wunderbares Fußballfest als Geburtstagsgeschenk serviert bekommen …
Alfred Tatars Wunsch sollte in Erfüllung gehen
Vor dem Anpfiff meinte Ex-Vienna-Spieler und -Trainer (und auch Ex-Sportklub-Spieler) Alfred Tatar: „Ich hoffe auf viele Tore“. Dass Tatar für viele seiner Fans als Prophet gilt, ist hinlänglich bekannt. Seine Torlawinen-Prophezeiung sollte tatsächlich eintreten.
Den Anfang hätte fast der Sportklub gemacht. Nach exakt einer Minute kommt Kracher am Fünfereck freistehend zum Schuss – aber Vienna-Keeper Günther Arnberger kann mit dem Fuß das Schlimmste verhindern.
Den Warnschuss der Schwarz-Weißen nahmen die Blau-Gelben zum Anlass, ihren Turbo zu zünden. Sie sollten schnell dafür belohnt werden: Nach einem Pollack-Schnitzer landet die Kugel vor den Beinen von Gary Noël, der im Strafraum von Dimov niedergesäbelt wird – Elfmeter.
Ein Fall für Michael Wojtanowicz. Der Strafstoß-Exekutor, der bereits davor im Laufe der Saison vier Elfmeter verwandeln konnte, gewann auch diesmal das Elfmeter-Duell. WSK-Goalie Martin Fraisl war zwar fast dran. Aber eben nur fast (5.)
Abgebrüht, strukturiert, clever und torgeil
Mit dem schnellen Führungstor im Rücken agiert die Vienna in der Folge abgebrüht. ORF-Analyst Alfred Tatar sollte dies zur Pause so beschreiben: „Die Vienna ist sehr gut strukturiert. Und fast jeder Schuss aufs gegnerische Tor war in Hälfte eins ein Volltreffer.“ Aber der Reihe nach.
Nachdem sich Hakan Gökcek, der frischgebackene 22-Jährige im Mittelfeld den Ball erkämpft hatte, servierte er diesen mustergerecht vor die Beine von Gary Noël. Der Engländer war im Winter geholt worden, um Tore zu schießen. Also tat er es. Noël umkurvte Fraisl und schob das runde Ding aus spitzem Winkel zum 2:0 für die Vienna ein (23.).
Auch bereits vor dem Pausenpfiff können aller guten Dinge drei sein. Also wollten Dominik Rotter & Co. vor dem Pausentee noch einmal vor der Friedhofstribüne einnetzen. Mit einer beim Abschlusstraining einstudierten Aktion.
Einen Gruberbauer-Eckball verlängerte Gary Noël mit dem Hinterkopf zu Sasa Pantic, der den Ball nur mehr über die Torlinie bugsieren musste. Vienna-Trainer Hans Slunecko sollte ob dieser Aktion herrlich schmunzeln können. „Wir haben das im Training oft geübt, es hat nie geklappt. Aber die Tore zählen schließlich beim Match und nicht im Training.“
Spotklub-Blitzstart nach Seitenwechsel
Halbzeit zwei begann exakt spiegelverkehrt zu Halbzeit eins. Diesmal erwischte der Wiener Sportklub einen Blitzstart. Der zur Pause eingewechselte Thomas Goll setzt sich im Strafraum durch, passt mustergültig zu Rafael Pollack, der auf 1:3 (aus Sicht der Dornbacher) verkürzen kaonnte (50.).
Sollte die Vienna noch ins Wanken kommen? Keineswegs. Im Gegenteil. Gut zehn Minuten später stellt Marjan Markic erneut den alten Abstand her. Der Kroate, der im Winter auf der Hohen Warte anheuerte, nutzte einen Schnitzer von Csandl zum 4:1 (61.). Damit trafen alle drei Winter-Neuzugänge (Noël, Pantic, Markic), die beim „Derby of Love“ mit von der Partie waren.
Respekt muss man den Hernalsern zollen. Sie steckten immer noch nicht auf und konnten abermals einen Treffer aufholen. Wieder war es Pollack. Wieder aus einem kurzen Black-out der Vienna-Abwehr (71.). Pollacks Doppelpack kann auch aus Vienna-Sicht durchaus als mehr als gerecht bezeichnet werden. Er war es nämlich, der am 22. August 2014 zum 120-jährigen Geburtstag des First Vienna FC 1894 einen Penalty an die Stange knallte – und so einen Sportklub-Auswärtssieg verhinderte.
Noël an vier von fünf Toren beteiligt
„Pollack hat einen Doppelpack und ich nicht?“ dachte sich offenbar Gary Noël und wollte dies nicht so einfach hinnehmen. Er setzte Taten, genau gesagt nach einem Topcic-Zuckerpass den Ball in Fraisls Kasten. Mit dem 5:2 für Blau-Gelb war der Drei-Tore-Vorsprung wieder hergestellt. Und Noël avancierte endgültig zum „man of the match“: Zwei Treffer, zwei Assists – der Mister aus Great Britain ist damit endgültig in good old Vienna angekommen.
Da unsere Spieler wissen, wie man sich bei einem guten Gastgeber zu benehmen hat, durfte der Wiener Sportklub den Schlusspunkt setzen. Standesgemäß. Mit einem Strafstoß. So hatte die Vienna den Trefferreigen begonnen, so sollte ihn Grill für die „Blackies“ beenden (87.).
Fazit: Acht Tore in einer sehenswerten Partie vor fast 8000 Zuschauern. Pro 1000 Fans also ein Volltreffer. So schön kann Fußball sein. Vor allem dann, wenn die Fans in gewohnter Manier dieses friedliche Event gemeinsam abfeiern.
Von Hernals weiter nach St. Pölten
Das nächste Meisterschaftsspiel geht wieder in fremden Gefilden über die Bühne. Am Karsamstag muss die Vienna nach St. Pölten zu den dortigen „Juniors“. Dabei kommt es auch zum Wiedersehen mit einem Ex-Trainer. Gerhard Fellner hat bei den Amateuren der NÖ-Landeshauptstadt das Kommando auf der Trainerbank übernommen.
Übrigens ist der First Vienna FC 1894 als einziger Klub in der Ostliga in der Fremde noch immer unbesiegt. Es sind also in jeder Hinsicht „frohe“ Ostern zu erwarten …
Aufstellung Wiener Sportklub
Fraisl; Drimer, Dimov, Csandl, Hevera; Faszl; Mehic (45. Kostic), Pollack, Grill, Kracher (45. Goll); Yunes de Leon
Aufstellung First Vienna FC 1894
Arnberger; Topcic, Rotter, Nikolic, Kröpfl; Pantic; Gökcek, Wojtanowicz, Gruberbauer; Markic (78. Apaydin), Noël
Torfolge: 0:1 (5.) Wojtanowicz (Foulelfmeter), 0:2 (23.) Noël, 0:3 (40.) Pantic, 1:3 (50.) Pollack, 1:4 (61.) Markic, 2:4 (71.) Pollack, 2:5 (76.) Noël, 3:5 (88.) Grill (Foulelfmeter)
Gelb: Dimov (4./Foul), Faszl (28./Foul), Drimer (89./Foul); Wojtanowicz (68./Unsportlichkeit), Rotter (82./Foul), Topcic (87./Handspiel)
Sportclub-Platz, Werschnik, 7842