Endlich wieder Regionalliga: 63 Tage nach der letzten Partie im vergangenen Spieljahr startete die dritthöchste heimische Spielklasse in die neue Saison. Was "drunt im Burgenland" geendet hatte (1:1 bei den Mattersburg Amateuren), sollte wieder im Sonnenland beginnen.
Diesmal war Neusiedl am See der Austragungsort. Eigentlich eine Destination, zu der man in dieser Jahreszeit hinfährt, um baden zu gehen. Genau das hatte aber der First Vienna FC 1894 am allerwenigsten im Sinn. Ein kühles Bad im warmen Neusiedler See stand nicht auf der To-do-Liste. Und schon gar nicht wollte man im Sportzentrum auf dem grünen Rasen baden gehen.
Das waren die Burschen schließlich bereits beim letzten Aufeinandertreffen auf der Hohen Warte. Als der SC Neusiedl im Finish die Partie drehte und als 3:2-Sieger den heiligen Rasen verlies. Diesmal war „Revanche“ angesagt – nicht zuletzt deshalb, weil Blau-Gelb in dieser Saison das höchste aller Ziele anstrebt: den Meistertitel.
Trainer-Experten tippten im Vorfeld auf einen Vienna-Sieg
Das Trainerduo Andreas Lipa/Martin Lang schickte eine Mannschaft im 4-2-3-1-System aufs Feld. Vor der Vierer-Abwehrkette sollten die beiden Neuzugänge Angel Luis Ruiz Paz, genannt Candela, und David Sencar das Spiel nach hinten absichern und nach vorne in Fahrt bringen. Vor ihnen agierten Bernhard Fucik, Gary Noel (als hängende Spitze) und der junge Eren Keles. An vorderster Front begann Osman Bozkurt.
Unsere Vienna ging als erklärter Favorit ins Spiel. Goran Djuricin (Trainer des ASK Ebreichsdorf) tippte im „Fanreport“ auf einen 2:0-Sieg der Döblinger, Robert Weinstabl (Coach des 1. SC Sollenau) auf einen 3:1-Erfolg der Burschen aus dem 19. Bezirk.
Expertentipps, die Andi Lipa vor dem Spiel wohl gerne unterschrieben hätte. Ein Auftakt-Auswärtssieg mit zwei Toren Differenz – damit wäre man wohl durchaus zufrieden gewesen. Aber schauen wir mal, wie sich das Spiel tatsächlich entwickeln sollte …
Vienna war von Anpfiff ab tonangebend
Ein schnelles Tor sollte her, so der Wunsch der Vienna-Trainer. Leider werden Wünsche vielleicht zu Weihnachten, nicht aber im Hochsommer erfüllt. Obwohl das schnelle Tor möglich gewesen wäre. Nach einem Pass von Bernhard Fucik hatte Gary Noel Pech im Abschluss und konnte den Ball nicht im Gehäuse versenken (4.). Symptomatisch für die Anfangsphase: Die Vienna beherrschte Ball und Spiel, die Hausherren bauten vor dem eigenen Straftraum einen Abwehrriegel auf, der alles andere als leicht zu knacken war.
Damit hatte unser Trainer gerechnet. „Wir müssen Geduld haben, am Ende wird sich die bessere Qualität unserer Mannschaft durchsetzen“, hatte Andi Lipa vor dem Spiel gemeint. Als hätte er den Spielverlauf vorher geahnt.
Unsere Abwehr stand im Großen und Ganzen bombensicher – und dennoch wäre Neusiedl beinahe zum – wenn auch unverdienten – Führungstor gekommen. Als Franz Weber den Ball nur mehr einnetzen musste, war Kevin Krisch im letzten Moment zur Stelle und kratzte die Kugel von der Linie (38.).
Noch vor der Pause versuchten es Tomcak und Johann Seywerth mit Schüssen aus der Distanz – doch damit kann man einen Klassekeeper wie Thomas Vollnhofer nicht aus der Ruhe bringen.
Neusiedl agierte im Stile einer Handballmannschaft
Die Anfangsphase der zweiten Halbzeit war ein Spiegelbild jener der ersten. Unsere Vienna dominierte und ließ mit Ausnahme eines Distanzschusses des Ex-Blau-Gelben Patrick Kienzl keine einzige Chance der Hausherren mehr zu.
Die Burgenländer riegelten sich in der Defensive noch mehr ein, das Abwehrverhalten erinnerte an ein Handballspiel. Dennoch kamen unsere Burschen zu guten Möglichkeiten. Bei einem (abgefälschten) Schuss von David Sencar knapp innerhalb des Strafraumes hatten die Vienna-Fans bereits den Torschrei auf den Lippen – die Kugel kullerte an die Stange, Osman Bozkurt setzte per Kopf den Abpraller knapp daneben (55.).
Dann kam der eingewechselte Marjan Markic alleinstehend nach einer Fucik-Flanke per Kopf zum Ball, konnte diesen aber nicht im gegnerischen Gehäuse versenken.
Siegestor fiel aus der schönsten Aktion des Spiels
Die Zeit schien – wie es eben gefühlt so ist, wenn man einem Treffer hinterher läuft – wie im Flug zu vergehen. Erinnerungen an die letzten beiden Gastspiele der Vienna in Neusiedl wurden wach. 2009 gab es eine Nullnummer (die für beide Mannschaften wie ein Sieg war), in der letzten Saison ebenso. Nein, keiner war an diesem lauen Abend heiß auf den dritten „Nullnummern-Streich“ in Folge.
Und weil es im Fußball eben doch (wenn auch nicht immer) Gerechtigkeit gibt, wurden unsere Burschen in der Schlussphase mit dem viel umjubelten 1:0 belohnt. Nach der schönsten Aktion im ganzen Spiel bediente Sasa Pantic Aleksandar Kostic (kam in der Schlussphase für Fucik) ideal, bei dessen Stanglpass bewies Bozkurt seine Qualitäten als „Knipser“ und schob den Ball zum erlösenden Siegestor über die Linie (85.).
So werden wohl einige Gegner gegen uns ans Werk gehen
Damit gewann die Vienna zum Meisterschaftsauftakt – wie bereits in der letzten Saison – das Erstrundenspiel gegen einen burgenländischen Klub im Finish. „Gegen uns werden die Gegner mit Messer zwischen den Zähnen aufs Feld laufen und uns alles abverlangen“, hatte Sportdirektor Kurt Garger Mitte der Woche zu den Spielern gesagt. Worte, die sich am letzten Juli-Tag als Weisheit bewahrheiten sollten.
Die Partie am nördlichen Zipfel des Neusiedler Sees war symptomatisch für das, was uns in dieser Saison wohl noch öfter erwarten wird. Ein Gegner, der versucht, hinten die Schotten dicht zu machen und in erster Linie auf Spielzerstörung aus sein wird. Darauf werden sich Markus Katzer & Co. einstellen (müssen). Wenn am Ende des Spieltages ein 1:0-Sieg raus kommt, soll es uns Recht sein …
Mit dem Dreipunkter in Neusiedl kann der Saisonstart als gelungen abgehakt werden. Das kann Titelverteidiger SC Ritzing nicht behaupten. Die Mittelburgenländer verloren ihr Auftaktspiel beim 1. SC Sollenau mit 1:2. Titel-Mitfavorit SV Horn konnte dagegen einen 0:1-Heimrückstand gegen Schwechat im Finish in einem 2:1-Sieg umwandeln.
Auch gegen die Jung-Admiraner ist noch eine Rechnung offen
Nächsten Freitag kommt es zur Heimpremiere gegen die Admira Juniors. Jene Südstädter Fohlen, mit denen man (wie gegen Neusiedl) auch noch eine offene Rechnung zu begleichen hat. Die Elf von Rolf Landerl war es schließlich, die mit ihrem Sieg auf der Hohen Warte die wenig zufriedene Frühjahrssaison 2015 eingeleitet hatte.
In Neusiedl spielte nach der Partie eine Liveband, in der Care-Energy Naturarena wird ebenfalls Musik in der Luft liegen. Das klingt nach einem guten Omen …
Aufstellung SC Neusiedl 1919
Kaiser; Christ, Pöllhuber, J. Seywerth, Eberl; Weber (75. Ebner), Enguelle (76. T. Seywerth), P. Kienzl, Helm, C. Kienzl; Tomcak (68. Vajdik)
Aufstellung First Vienna FC 1894
Vollnhofer; Pantic, Krisch, Katzer, Kröpfl; Candela, Sencar; Fucik (80. Kostic), Noel (60. Markic), Keles (67. Gökcek); Bozkurt
Tor: 0:1 (85.) Bozkurt
Gelb: P. Kienzl (53./Foul), Helm (56./Foul); Krisch (61./Foul)
Sportzentrum, Wandl, 850