Pia Zimmer beendet ihre Karriere
Pia ist eine angenehme Gesprächspartnerin. Sie spricht leise, und ihre Sätze sind überlegt und nicht ausufernd. Einen wilden Sager braucht man nicht erwarten. Ihre sportliche Weste ist unbefleckt. Sie bekam nie eine gelb-rote oder gar rote Karte. Vielleicht ist das der Grund, weshalb sie über vier Jahre Kapitänin der Vienna-Frauenmannschaften war. Nun hört Pia Zimmer mit dem Leistungssport auf. Sie wird abgehen. In vielerlei Hinsicht.
Warum Mädchen sich dem Fußball zuwenden, ist sicher mehrmals untersucht worden. Vermutlich findet sich das Hauptmotiv in positiven Kindheitserlebnissen beim Spiel mit dem Ball. Bei Pia war es nicht anders. Schon im Garten ihrer Oma jagte sie dem Ball nach. Die ersten Erfahrungen sammelte sie ab 2005 beim MFFV ASKÖ 23. Mit dem USC Landhaus wurde sie 2011 Meister in der Wiener Landesliga und mit der zweiten Mannschaft FSK St. Pölten-Spratzern 2014 Meister in der 2. Liga Ost/Süd.
Seit 2015 spielt Zimmer beim First Vienna FC 1894
Döbling war Pias Bodenstation für ihre Höhenflüge. Sie war dabei, als die Frauen-Mannschaft der Vienna den Aufstieg in die Landesliga und in die zweite Spielklasse schaffte und im gleichen Jahr den Wiener Cup gewann. 2021 durfte Pia abermals einen Meisterteller auf der Hohen Warte stemmen, als die Mannschaft die 2. Liga gewann und dadurch in die Bundesliga aufstieg.
Nachdem sie anfangs Flügelstürmerin war, entwickelte sie sich nach und nach zur Spielerin im defensiven Mittelfeld. Ihre Kernaufgabe war das Holen der Bälle und das Einleiten der Angriffszüge. Eine Fließbandarbeit, zu der man Kondition braucht, und bei der man sich zu nichts zu schade sein darf.
„Meine Stärke ist das Lesen des Spiels und das Verteilen der Bälle. Ich habe immer versucht, Ruhe und Ordnung ins Spiel zu bringen. Tore zu schießen ist mir auch gelungen“, schmunzelt Pia. Immerhin hat sie in ihrer Karriere 61 Tore geschossen und war bei 216 Siegen dabei. Ihre Schwäche sieht sie selbst bei hohen Bällen, vor allem bei Kopfbällen.
Voriges Jahr war der Wendepunkt ihrer Karriere. Nachdem viele Jahre gut mit Euphorie gepolstert waren, erlebte sie nun den Gegenpol der Enttäuschung. Sukzessive war sie in der ersten Frauenmannschaft mehr off- als online.
Ab 2022 spielte Pia in der 1b-Mannschaft
„Es wurde zäh für mich. Ich bekam immer weniger Spielzeit in der ersten Mannschaft“, analysiert die 28-Jährige ihren Abgang vom Leistungssport. „Ab dem Moment, ab dem ich fix zur zweiten Mannschaft gehörte, ging es wieder bergauf. Ich habe versucht, für die jungen Spielerinnen ein Vorbild zu sein und sie zu führen. Durch die Dankbarkeit und die Herzlichkeit der Mädels kam auch die Motivation und der Spaß am Fußball schnell wieder zurück.“
In Zukunft wird ihr Beruf im Vordergrund stehen. Pia ist Absolventin einer Fachhochschule für Sportgerätetechnik und als Master of Science graduiert. Biomechanik und Bewegungsanalysen sind ihre Spezialgebiete. Seit 2019 setzt sie diese Kompetenzen beruflich um.
Der Vienna bleibt Pia Zimmer erhalten
Fußball ist nicht die einzige Sportart für Pia. Sie bevorzugt das sportliche Vollwertmenü. Daher liebt sie auch Wakeboarden, Mountainbiken und Squash genauso wie Schifahren und Wandern. Doch der Fußball steht immer noch an erster Stelle. Deshalb macht Pia auch die Ausbildung zur Kindertrainerin und engagiert sich im Trainingsbetrieb des Vienna-Nachwuchses.
„Sport ist für mich wichtig. Das beste Mittel gegen schlechte Laune war immer das Training und das Zusammensein mit der Mannschaft“, gesteht sie. Eine Fortsetzung ihrer Karriere in einem anderen Verein peilt sie aber nicht an. Dazu ist sie zu sehr mit den Blaugelben verbunden.
„Vienna ist meine Heimat, und auf die Hohe Warte komme ich immer gerne“, sagt sie, nimmt ihre Tasche und entschwindet zum Training.