9. Juli 2024 | Frauen zur Übersicht >
Vienna-Frauentrainer Mark Dobrounig im Interview
Vor dem Trainingsauftakt haben wir Vienna-Frauentrainer Mark Dobrounig zum Interview gebeten. Der Trainer der Saison der ADMIRAL Frauen Bundesliga spricht über die Erfolge in der vergangenen Spielzeit, die Entwicklung des Teams und die kommende Champions League Saison:
Die Frauenmannschaft belegte voriges Jahr in der Tabelle den fünften, heuer den zweiten Platz. Was hat die Mannschaft 2023/24 besser gemacht?
- Dafür gibt es mehrere Faktoren. Das Team ist zusammengewachsen, und wir waren davon überzeugt, unseren Weg gemeinsam zu gehen. Einen großen Anteil haben auch unsere erfahrenen Spielerinnen, welche das Team herausragend angeführt haben. Voriges Jahr war die Mannschaft noch instabiler, was nicht zuletzt an einigen Baustellen innerhalb der Mannschaft lag. Jetzt stehen der Spirit und der Zusammenhalt im Vordergrund. Ebenso hatten wir ein gutes Auge für unseren neuen Spielerinnen, die auf Anhieb gut in unsere Ideen passten.
Vorige Saison hatte das Team acht Siege auf dem Konto. Heuer sind es zwölf Siege. War das Toreschießen diesmal effizienter?
- Ja, wir waren in dieser Saison vor dem Tor effizienter und waren darauf aus, Risiko zu gehen, um immer ein Tor mehr zu schießen als die Gegnerinnen. Wir spielten zwar selten zu null, jedoch wollten wir attraktiven und spannenden Fußball für die Zuschauer bieten. Das ist uns über die gesamte Saison gelungen. Die Verantwortung, Tore zu erzielen war auf viele Schultern verteilt, insgesamt erzielten 14 Spielerinnen über den Verlauf der Meisterschaft unsere Tore, was von einer großen Qualität spricht.
Welche Spielerinnen haben die Führungsrolle in der Mannschaft?
- Vier Spielerinnen fallen mir sofort ein: Claudia Wasser, Lena Kovar, Viktoria Hahn und Martina Mädl. Das sind die absoluten Führungspersönlichkeiten, sie geben auch der gesamten Mannschaft Sicherheit. Diese Gruppe ist auch im Verlauf der Saison zusammengewachsen, bringen einen großen Spirit mit und übertragen diesen auf das Team. Intern gibt es neben dem „Mannschaftsrat“ eine Art Gewerkschaftsgruppe, welche den direkten Draht zu uns im Betreuerteam hat. Hier werden die Dinge klar und direkt kommuniziert, um Lösungen im Sinne des Teams zu finden. Leider beendet Martina ihre Karriere und Claudia fällt durch eine Knieverletzung einige Zeit aus. Wir sind aber überzeugt, auch in diesem geänderten Konstrukt Lösungen zu finden.
Du bist in der Frauenliga zum Trainer des Jahres gewählt worden. Was bedeutet Dir diese Auszeichnung?
- Es war eine große Ehre für mich, jedoch spricht das für den gesamten Betreuerstab, nicht nur den sportlichen, sondern auch für die medizinische Abteilung. Besonders freut es mich, dass Claudia Wasser zur Spielerin der Saison ausgezeichnet wurde. Ich wusste das bereits im Vorfeld. Über meine Auszeichnung, welche mir von Carina Wenninger, der Liga-Managerin der Frauen-Bundesliga überreichte wurde, wurde ich vor Ort überrascht, Diese Auszeichnung spricht für das gesamte Team und beweist, welchen Invest wir in dieser Saison gegangen sind, um dieses Ergebnis zu erreichen. Ich bin stolz darauf, ein kleiner Teil des großen Ganzen zu sein.
Was waren für dich die emotionalsten Erlebnisse im vergangenen Wettkampfjahr?
- Eine sehr schöne Erinnerung habe ich an das Spiel gegen St. Pölten, als wir in der 97. Minute den Ausgleich zum 1:1 erzielten. Dieses Spiel war der Zeitpunkt, an dem auch die letzte Person im Team realisiert hat, dass vieles möglich sein kann. Diesen Spirit haben wir auch in die Rückrunde mitgenommen.
Dagegen war das Spiel gegen Sturm Graz emotional schwer zu verkraften. Wir lagen 2:0 hinten, agierten mehr als 80 Minuten in Unterzahl, glichen in der Nachspielzeit aus und mussten in der 97. Minute das 3:2 hinnehmen. Hinzu kam, dass sich Claudia Wasser schwer verletzte. Nach diesem Spiel empfand ich eine ziemliche „Leere“. Jedoch hatten wir es noch in der eigenen Hand, den Champions- League-Platz zu erreichen, was dann mit einem emotionalen Abschluss in Linz gekrönt wurde. Nach diesem Spiel fiel der gesamte Druck von mir ab. Ich brauchte einiges an Zeit, um zu realisieren, dass wir Historisches für die Vienna geschaffen haben.
Die Frauen sind nun für die Qualifikationsrunde der UEFA Women’s Champions League nominiert. Welche Chancen gibst du der Mannschaft auf dem internationalen Feld?
- Da betreten wir Neuland. In der Champions League Quali wird in Gruppen gespielt, in unserer Gruppe sind die Konkurrentinnen allesamt nationale Meistermannschaften. Dazu kommt, dass im September in Kolumbien die U20-WM stattfindet, bei der acht bis neun Spielerinnen der Nationalmannschaft von der Vienna gestellt werden. Diese werden uns auch teilweise bei Meisterschaftsspielen wie auch in der Champions League fehlen. Der Herbst wird also eine ziemliche Herausforderung werden, es ist jedoch unsere Aufgabe als Team, diese Situation anzunehmen. Wir sind überzeugt, auch hier positive Momente für uns zu schaffen.
Die Mannschaft zeigte sich als sehr gut eingespielt. Sind trotzdem weitere Verstärkungen geplant?
- Grundsätzlich wollen wir den Stamm der Mannschaft halten, wir haben eine gute Altersstruktur. Unsere Jüngste ist 15 Jahre und die Älteste ist in der kommenden Saison 28 Jahre alt. Wir werden frisches Blut holen, denn unsere Situation am Saisonende war prekär. Wir hatten nur mehr 14 fitte Spielerinnen im Kader. Daher ja, wir planen, uns mit vier bis sechs Spielerinnen zu verstärken. Da denken wir aber an Zugänge aus dem Inland, die das Potenzial auf Entwicklung und auch die Fähigkeit haben, uns auf Anhieb zu helfen. Natürlich haben wir auch vielversprechende Talente bei den Frauen 1b, die wir sukzessive in die Kampfmannschaft einbauen werden.
Was ist für die nächste Saison zu erwarten?
- Wir beginnen am 8. Juli mit dem Training. Am 13./14. August beginnt die Meisterschaft, bei der diesmal in einem Play-off-Modus, ähnlich wie bei den Männern, gespielt wird. Natürlich ist das Ziel, die obere Gruppe zu erreichen, in der dann unter vier Teams die Platzierungen ausgespielt werden.
Wir wollen jedenfalls die Saison 2023/24 bestätigen, unseren Weg weitergehen und unser Spiel auf eine neue Ebene heben. Die Leistungen und das Verhalten der Spielerinnen stimmen uns sehr optimistisch, alle sind engagiert und haben sich – mit Respekt gemeint – zu richtigen „Arbeiterinnen“ entwickelt. Sie haben auch enorme Fortschritte im Spiel mit dem Ball gemacht. Diese Balance wird es auch kommende Saison brauchen.
Wie siehst du deine eigene Entwicklung als Trainer?
- Ich habe die A-Lizenz als Trainer abgeschlossen. Durch die vergangene Saison rückten nicht nur unsere Spielerinnen in den Fokus internationaler Vereine. Die Vienna bietet gute Rahmenbedingungen, und die Arbeit mit der Frauenmannschaft macht mir an jedem einzelnen Tag Freude, nicht nur mit den Spielerinnen, sondern auch mit dem Betreuerstab.
Meine Arbeit für die Rockband Bon Jovi? Ja, da bin ich noch immer beschäftigt. Erst kürzlich kam das neue Album „Forever“ auf den Markt, jedoch ist hier aktuell keine Tournee geplant. Daher liegt der Hauptfokus meiner Arbeit bei der Vienna und der Hunger, die vergangene Saison zu bestätigen, ist bei allen spürbar.