3. September 2025 | Frauen zur Übersicht >
Claudia Wasser ist wieder zurück
Der 18. Mai 2024 war kein guter Tag für Claudia. Kreuzbandriss im rechten Knie ohne Fremdeinwirkung. Der Gegner war Sturm Graz. Solche Tage würde man gerne canceln. Es folgten eine Operation und eine lange Reha. Der 29. August 2025 war ein guter Tag für Claudia. Nach 15 Monaten kehrte sie auf den Rasen der Hohen Warte zurück. Der Kreis schloss sich, denn der Gegner war wieder Sturm Graz. Viennas Kapitänin braucht man nicht vorstellen. Sie spielte bereits in der Champions League und war 2023/24 zur Spielerin der Saison gewählt worden. Wie Claudia Wasser denkt, was sie bewegt und wie sie tickt, verrät sie in diesem Interview.
Deine Karriere wurde schon drei Mal durch eine Verletzung gestoppt. Hast du schon einmal ans Aufgeben gedacht?
- Ja. Mit 17 Jahren riss ein Kreuzband im linken Knie, 2017 dann Brüche des linken Schien- und Wadenbeins und voriges Jahr warf mich wieder eine schwere Knieverletzung aus der Bahn. Ich stand kurz vor der Einberufung ins Nationalteam. Da dachte ich schon ans Aufhören. Aber ich wurde gut betreut und bekam viel Zuspruch von meiner Frau, meiner Familie und von der Mannschaft. Das hat meine Gedanken ans Aufgeben vertrieben. Jetzt starte ich wieder voll durch.
Hatte das monatelange Timeout einen Einfluss auf die Psyche?
- Ja schon. Die Operation, die lange Reha und das Zurückkämpfen in den Spielmodus machen etwas mit der Psyche. Es ist echte körperliche und mentale Arbeit. Andererseits bin ich jetzt abgeklärter und kann mit schwierigen Situationen besser umgehen. Körperlich fühle ich mich wieder voll fit.
Du bist Kapitänin der Frauenmannschaft. Bist du das gerne?
- Ja, ich führe gerne als „Team-Mama“ die jungen Spielerinnen und gebe ihnen Sicherheit, damit sie ihre Leistungen abrufen können. Leider wird man als Kapitänin – anders, als ich es im Männerfußball beobachte – oft von den Referees ignoriert. Man riskiert bei Einwänden sogar die Gelbe. Aber es ist mir wichtig, meine Spielerinnen zu schützen.
Was steht für dich über dem sportlichen Erfolg?
- Meine Ehe und meine Familie. Sie sind mein Lebensmittelpunkt, den ich brauche. Als ich mein erstes Auslandangebot bekam, war mir die Nähe zu meiner Familie und die Ausbildung wichtiger. Zu dieser Zeit gab es keine so guten Angebote, sodass sich ein Auslandengagement nicht ausgezahlt hätte. Heute ist es nicht anders. Naja, ein attraktives sporliches Angebot in Spanien oder Italien würde ich schon annehmen.
Welcher Versuchung kannst du nicht widerstehen?
- Ich esse gerne Salziges, zum Beispiel Popcorns. Wenn ich beim Fernsehen nasche, habe ich wenig Widerstandskraft.
Wie begann dein Weg als Mädchen zum Fußball?
- Das ist leicht zu erklären. In meiner Familie spielten alle außer meiner Mutter Fußball. Man könnte von einer familiären Fußball-Prägung sprechen. (Lacht)
Ich lief schon mit fünf Jahren dem Ball nach und spielte neun Jahre lang, bis ich 14 war, mit den Jungs. Am liebsten spielte ich immer im Mittelfeld, und das ist mir bis heute geblieben. Tore zu schießen liegt mir mehr als sie zu verhindern.
Wo findet man Claudia Wasser abseits des Fußballs?
- Ich bin beruflich und vom Interesse her medizinisch orientiert, studiere an einer Fern-Universität Gesundheitsmanagement und habe eine Ausbildung als medizinische Masseurin. Mittelfristig will ich mit einem Medizinstudium beginnen. Derzeit leite ich den Organisationsbereich in einem Ärztezentrum in der Leopoldstadt.
Was war deine letzte Notlüge?
- (Lacht) Letztens wurde ich von Freunden zu einem Abendtreffen eingeladen, wollte aber lieber zu Hause bleiben. Da sagte ich, ich hätte schon was vor und ein Treffen geht sich zeitlich nicht aus. Lügen will ich es aber nicht nennen, schwindeln passt besser.
Worauf kannst du leicht verzichten?
- Auf Unehrlichkeit. Ich bin selbst ein direkter Mensch und, wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich es. Das schätze ich auch bei anderen Menschen, natürlich auch von meinen Trainern. Ja und auf Smalltalk kann ich auch verzichten. Da ist mir schade um die Zeit.
Was kommt sportlich noch?
- (Denkt lange nach) Vorerst will ich in der Fauenmannschaft der Vienna wieder Fuß fassen. Meine technischen Stärken und das Lesen von Spielzügen habe ich ja nicht verlernt, aber meinen Mut für Zweikämpfe muss ich erst testen.
Dann ist alles möglich: Meistertitel und Champions League mit der Vienna oder Cupfinale, Einberufung ins Nationalteam und vielleicht doch ein Ausflug zu einem ausländischen Verein. Ich fühle mich mit 30 Jahren noch immer am Höhepunkt meiner Leistungsfähigkeit und meines Könnens.