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Serie: 60 Jahre letzter Meistertitel - Eine Weltmeisterschaft als Vorspiel (Teil 1)

12. Juni 2015 | Historisches zur Übersicht >

Serie: 60 Jahre letzter Meistertitel– der Weg zum Sechser!

von Alexander Juraske 

Eine Weltmeisterschaft als Vorspiel (Teil 1)

Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs war der blau-gelbe Erfolgslauf vorbei. Auf der Hohen Warte bahnte sich ein Generationenwechsel an. Wichtige Stützen der späteren Meistermannschaft wechselten nach Döbling. 1949 feierte Mittelläufer Karl Koller sein Debüt. Ein Jahr zuvor lief Verteidiger Karl Nickerl erstmals im blau-gelben Dress auf. 1951 und 1952 wechselten Torhüter Kurt Schmied und Verteidiger Rudolf Röckl aus Dornbach auf die Hohe Warte. Im Sturm feierte Hans Menasse 1950 seinen ersten blau-gelben Einsatz. Rekordtorschütze Karl Decker wechselte 1952 zu Sturm Graz. Ihn ersetzen sollte der ehemalige Floridsdorfer Otto Walzhofer, der zwei Jahre zuvor vom FAC nach Döbling gewechselt war. Dabei zeigte sich relativ schnell, dass die personellen Veränderungen Zeit brauchen würden. So pendelten die Döblinger in den kommenden Meisterschaften zwischen den Plätzen drei und sieben. Wenigstens gelang 1946 der Einzug ins österreichische Cupfinale. Richtig um die Meisterschaft mitspielen konnte man aber in den folgenden Jahren nicht. So belegte die Vienna auch in der Meisterschaft 1953/1954 den unspektakulären fünften Rang.

Im Sommer 1954 blickte ganz Österreich auf die Schweiz, wo das österreichische Nationalteam zum ersten Mal seit zwanzig Jahren an einer Weltmeisterschaft teilnehmen sollte. Für das noch von den Alliierten besetzte, nach Identität suchende, kleine Österreich waren sportliche Erfolge wichtig. Im Kader von Trainer Walter Nausch standen namhafte Spieler wie Ocwirk und Happel. Auch die beiden Vienna Akteure Karl Koller und Kurt Schmied waren gesetzt. Die Öffentlichkeit machte sich berechtigte Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden.

Nachdem man problemlos die Vorrunde überstanden hatte, wurde Kurt Schmied im Viertelfinale gegen den Gastgeber zum Hauptdarsteller. In der „Hitzeschlacht von Lausanne“ erlitt der Vienna Tormann in der ersten Hälfte einen Sonnenstich. Da Auswechslungen damals noch nicht erlaubt waren, musste der orientierungslose Schmied weiter auf dem Feld bleiben und die Schweiz lag schnell mit drei Toren voran. Schmied taumelte durch seinen Strafraum. Ein hinter seinem Tor postierter österreichischer Betreuer versuchte ihn akustisch zu dirigieren. Noch vor der Pause kkamen die Österreicher auf 3:5 heran. In der zweiten Hälfte fielen weitere vier Tore und schließlich gewann Österreich das Spiel mit 7:5. Schmied, dem später jegliche Erinnerung an das Viertelfinale fehlte, musste für das Spiel im Halbfinale gegen Deutschland durch Walter Zeman ersetzt werden.

Ein Sieg noch und Österreich stünde im WM Finale. Doch die Mannschaft um Kapitän Ocwirk und Abwehrchef Ernst Happel taumelte gegen die Deutschen in eine 1:6 Niederlage. Schließlich beendete das österreichische Team das Turnier auf dem dritten Platz. Zurück in Österreich hielten sich Freude und Enttäuschung die Waage. Die hohe Niederlage gerade gegen Deutschland schmerzte sehr. Gleichzeitig war man stolz auf den dritten Platz, die beste Platzierung einer österreichischen Nationalmannschaft bei einer WM-Endrunde.

Schlussendlich hatte der österreichische Auftritt in der Schweiz große Auswirkungen auf die heimische Meisterschaft. Schon 1953 waren die Regeln für Transfers gelockert worden, indem es nun Spielern ab dem 30. Lebensjahr möglich war, ins Ausland zu wechseln. Speziell interessant war der wiedererstarkte französische Profifußball, der schon in den 1930er Jahre eine Reihe österreichische Spieler angelockt hatte und dies nun wieder tat. Die österreichischen Legionäre in Frankreich waren begeistert vom dortigen Lebensstil und nach dem Ende der Weltmeisterschaft wechselten auch Stützen der Nationalmannschaft. Zahlreiche weitere Spieler suchten ihr Glück in Frankreich. Auch Vienna Stürmer Otto Walzhofer war schon mit dem RC Lens einig, doch die Döblinger verweigerten die Freigabe.

Ein runder Geburtstag

Bevor aber die Meisterschaft begann, feierte die Vienna im August 1954 ihr 60jähriges Bestandsjubiläum. Am 1. des Monats trafen die Döblinger in Altötting auf den FC Bayern und besiegten die Münchner mit 4:1. Mitte August standen zwei internationale Freundschaftsspiele gegen Royal Antwerpen und die Wolverhampton Wanderers in Wien am Programm. Vor eigenem Publikum besiegten die Döblinger die Gäste aus Belgien und trotzten dem regierenden englischen Meister ein Remis ab. Infolge starker Regenfälle kamen aber insgesamt nur 16.000 Zuseher zu beiden Spielen. Von Seiten der Vienna hatte man mit der doppelten Zuschauermenge gerechnet gehabt und fuhr für die Jubiläumsveranstaltung ein Defizit von 100.000,– Schilling ein. Am eigentlichen Geburtstag, dem 22. August stellte sich die Vienna in den Dienst einer guten Sache. Zu Gunsten der Opfer des „Jahrhunderthochwassers“ in Passau bestritten die Döblingerein Spiel gegen den 1. FC Nürnberg und gewannen mit 2:1.

Mit Ende August startete die Staatsliga A, die oberste österreichische Spielklasse, in die neue Saison. Dabei wurde die Liga von Teams aus der Bundeshauptstadt dominiert. Neun der 14 Mannschaften kamen aus Wien. Auch die heutige Dominanz von Rapid und Austria in Wien war damals noch nicht festgeschrieben. In der Donaumetropole sprach man von den „großen Vier“: Austria, Rapid, Wacker und der Vienna. Weitere Wiener Traditionsvereine wie die Floridsdorfer „Admira“, der 1. Simmeringer SC, der FC Wien oder der Wiener Sport-Club kämpften um die Punkte.

Vor Beginn der Meisterschaft durfte man gespannt sein, wie die einzelnen Mannschaften die personellen Veränderungen verkraften würden. Rapid hatte Ernst Happel an den RC Paris verloren. Der violette Stadtrivale ging mit Ausnahme der arrivierten Spieler Ocwirk und Stotz mit einer unerfahrenen Mannschaft in die neue Spielzeit. Trotzdem tippten bei einer Umfrage der Zeitung „Bild Telegraf“ wichtige Funktionäre der großen vier Wiener Vereine auf Rapid als zukünftigen Meister. Gewisse Außenseiterchancen wurden auch dem Wiener Sport-Club zu gebilligt, der seit 1953 wieder erstklassig war und auf eine vielversprechende, junge Mannschaft zurückgreifen konnte.

Auf der Hohen Warte war die Transferzeit ruhig verlaufen. Im Gegensatz zu anderen Mannschaften, hatte die Vienne ihren Kader zusammen halten können. Aus der zweithöchsten Spielklasse wurde Stürmer Herbert Grohs vom Grazer SC geholt. Die Döblinger spielten ein klassisches 3-2-5 System, welches schon in der Zwischenkriegszeit gepflegt worden war. In der blau-gelben Hintermannschaft waren die Positionen klar verteilt. Nationaltorhüter Schmied stand im Tor. Vor ihm verteidigte das international erfahrene Trio Alfred Umgeher, Rudolf Röckl und Karl Nickerl. Für die Spielgestaltung war das Läuferpaar mit WM-Teilnehmer Karl Koller und dem jungen Schweiger zuständig. In der Stürmerreihe begannen Hans Menasse, Otto Walzhofer, Neuzugang Grohs sowie Sühs und Peyerl, dann Jericha. In diesem Mannschaftsteil verfügte Walzhofer über die meiste Erfahrung. Er sollte das Angriffsspiel führen, obwohl er nicht die Mittelstürmerposition einnahm sondern als Verbinder agierte. Verantwortlich für die Mannschaft zeichnete Trainer Leopold Hofmann. Als Aktiver kam er 1924 auf die Hohe Warte und gewann bis 1939 zwei Meistertitel und drei Cupsiege sowie den Mitropacup (1931). Als Nationalspieler war er fixer Bestandteil des österreichischen Wunderteams unter Hugo Meisl gewesen.

Ein vielversprechender Start

Ende August in der ersten Runde startete die Vienna mit der vergleichsweise leichten Auswärtspartie gegen Aufsteiger SW Bregenz. Ganz dem Meisterschaftsauftakt geschuldet, entschied ein Tor von Menasse die ereignisarme Partie. Auch die Heimpremiere Anfang September konnten die Blau-Gelben mit 3:1 gegen den LASK gewinnen. In der dritten Runde sollte mit Rapid der erste Prüfstein warten. Dabei lag der Druck aber auf Seiten der Hütteldorfer, die mit einem Remis und einer Niederlage in die Meisterschaft gestartet waren. Gespannt war man auch auf das Duell der beiden WM-Torhüter Schmied und Zeman. Das Spiel gegen Rapid wurde zur befürchtet knappen Partie, die schließlich mit einem 1:1 endete. Vor allem die blau-gelbe Defensive hatte die Vienna im Spiel gehalten. Das Tormannduell ging ganz klar an Kurt Schmied, der mit einigen sehenswerten Paraden den blau-gelben Punkt festhalten konnte. Anders als sein grün-weißer Konterpart, der das Tor der Vienna mitverschuldet hatte. Vor allem hatte die Vienna aber Glück, denn es wurde ein klares Foul am Rapidler Hanappi im Strafraum von den Schiedsrichtern übersehen.

Zwar hatten die Döblinger die beiden ersten Pflichtsiege eingefahren, auch gegen Meisterschaftsfavoriten Rapid gepunktet und die Tabellenführung übernommen. Trotzdem war die Führung der Vienna unzufrieden, speziell mit der blau-gelben Angriffsreihe. Mittelstürmer Grohs konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Auch Linksaußen Jericha, der sechs Monate pausiert hatte, merkte man die fehlende Spielpraxis an. So wurde speziell in der Stürmerreihe immer wieder gewechselt. Jericha löste Grohs auf der Mittelstürmerposition ab, während der Grazer sich auf Außen versuchte. Auch in den nächsten Spielen mühten sich die Döblinger. Simmering konnte zuhause mühevoll mit 3:2 besiegt werden. Im Spiel gegen die Admira waren die Floridsdorfer feldüberlegen, trotzdem konnte die Vienna siegen. Dabei fiel der 6:1 Sieg viel zu hoch aus.

Im Bild:
stehend von links:  Koller, Röckl, Jericha, Nickerl, Buzek, Walzhofer
hockend von links: Grohs, Schweiger, Schmied, Pichler, Umgeher

Teil 2 der Serie (erscheint am 18. Juni 2015) schildert, wie der Erfolgslauf der Vienna einen ersten Dämpfer erfährt und wie die Klubführung darauf reagiert.