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Serie: 60 Jahre letzter Meistertitel - Rückschlag zur rechten Zeit? (Teil 2)

18. Juni 2015 | Historisches zur Übersicht >

Serie: 60 Jahre letzter Meistertitel – der Weg zum Sechser!

von Alexander Juraske

Rückschlag zur rechten Zeit? (Teil 2)

In der sechsten Runde gegen den GAK zuhause, erfolgte dann der herbe Dämpfer. Vor nur 3.000 Zusehern verlor die Vienna mit 0:1. Dabei hatte Trainer Hofmann das Angriffsspiel wieder umgestellt und mit Medveth einen neuen Mittelstürmer ausprobiert. Durch diese Heimniederlage verloren die Döblinger die Tabellenführung.

In der folgenden Runde holten sich die Blau-Gelben wenigstens einen ungefährdeten Auswärtssieg gegen den SV Kapfenberg. Dieser war dringend notwendig, wartete mit dem Wiener Sport-Club in der folgenden Runde ein direkter Konkurrent, der mittlerweile die Tabellenführung übernommen hatte. In einer rasanten Partie gingen die Döblinger in Führung, die Hernalser zogen aber mit 3:1 davon. Schließlich gelang es der Vienna in der zweiten Halbzeit noch auf 3:3 zu stellen. Wieder hatte Schmied überragend gehalten und Koller im Mittelfeld Impulse gesetzt. Die Leistung der Angriffsreihe blieb aber weiter hinter den blau-gelben Erwartungen zurück. Otto Walzhofer, der eigentlich die jüngeren Kollegen führen sollte, befand sich in einer veritablen Formkrise. Erfolgsgarant blieb die Hintermannschaft, die in den nächsten vier Runden nur ein Tor zuließ. Zwischenzeitlich hatte Rapid die Tabellenführung übernommen. Doch nach der vorletzten Runde des Herbstdurchgangs schob sich die Vienna vorbei und machte sich nun Hoffnungen auf den Herbstmeistertitel.

Bevor in der letzten Runde die Austria wartete, reisten die Döblinger am 08. 12 zu einem Freundschaftsspiel ins Baskenland. In Spanien verfügte die Vienna über einen ausgezeichneten Ruf und war im Januar des Jahres schon erfolgreich gegen den FC Barcelona, FC Sevilla und Deportivo La Coruna angetreten. Für das politisch isolierte Spanien unter Diktator Franco waren Sportkontakte wichtig und die Vienna erhielt für ihr Antreten gegen AC Bilbao 4.000 Dollar. Ferdinand Daucik, ehemaliger tschechischer Nationalspieler und Trainer der Basken, kannte das Spielsystem der Vienna gut und stellte seine Mannschaft perfekt darauf ein. Zwar ging die Vienna mit 1:0 in Führung, doch Bilbao dominierte das Spiel und gewann schließlich mit 8:1.

Während die Vienna damals noch am klassischen 3-2-5 festhielt, propagierten die Basken das modernere „WM-System“. Mit dieser neuen Formation hatten schon die Deutschen die österreichische Nationalmannschaft in der Schweiz auseinandergenommen. Es bot größere Flexibilität im Mittelfeld. Auch gegen Bilbao zeigte sich das größte Manko der Vienna – nämlich die mangelhafte Chancenauswertung – deutlich.

Vier Tage nach dem baskischen Debakel empfingen die Döblinger die Austria auf der Hohen Warte. Dabei setzte Trainer Hofmann auf eine taktische Umstellung. Otto Walzhofer wurde als ständige Begleitung auf den violetten Spielmacher Ernst Ocwirk angesetzt. Diese Umstellung sollte Früchte tragen: Ocwirk konnte sein Spiel nicht entfalten und die Döblinger krönten sich mit einem 3:1 Sieg zum Herbstmeister. Der Wiener Sport-Club mit einem Punkt Rückstand und Rapid folgten auf den Plätzen.

Wieder einmal hatte die Vienna über eine gesicherte Defensive ein Spiel dominiert. Doch die Mängel im Angriffsspiel waren offensichtlich. Zwar hatte die Vienna acht von 13 Spielen gewonnen und nur eine Niederlage hinnehmen müssen. Darüber hinaus hatte sie nur elf Tore kassiert, aber eben auch nur 25 Tore geschossen. Im Vergleich dazu war die Konkurrenz viel erfolgreicher gewesen. Der Wiener Sport-Club hatten 41-mal getroffen und Rapid und Wacker je 45 Tore erzielt.

 

Dicke Luft auf der Hohen Warte

Die Herbstmeisterschaft war beendet. Nun folgte für die bekannten Wiener Vereine die Zeit der lukrativen Auslandsgastspiele. Waren diese schon in der Zwischenkriegszeit im Ausland gern gesehene Gäste gewesen, so intensivierte sich der österreichische Spielreiseverkehr ab Ende der 1940er Jahre wieder. Damals gab es für die Vereine im Allgemeinen weniger Möglichkeiten Einnahmen zu lukrieren. Die Klubs waren auf die Zuschauereinnahmen, Gönner oder eben auf lukrative Auslandsengagements angewiesen. Dabei waren aber nur wenige österreichische Spitzenmannschaften überhaupt im Ausland begehrt. Dazu gehörte die Vienna, die zum Jahreswechsel 1948/1949 erstmals wieder nach Nordafrika auf große Reise ging. Ein Jahr später folgten die Türkei und Ägypten. Ab Ende der 1940er Jahre häuften sich Reisen nach Südamerika. Im Sommer 1952 gastierten die Döblinger als erste österreichische Mannschaft in Kolumbien.

Für die Winterpause wäre wieder ein Abstecher nach Südamerika geplant gewesen, der aber letztendlich an den finanziellen Forderungen der Vienna scheiterte. Auch die zweite Möglichkeit, eine Tournee durch Mittelamerika, platzte. Zwar betonte die blau-gelbe Vereinsführung, dass für das Ziel, den Meistertitel zu erringen, eine ausgeruhte Mannschaft notwendig sei und sportliche Abenteuer eine zu große Belastung seien. Die Spieler waren aber verständlicherweise verstimmt, boten diese Spielreisen ja auch ihnen gute Verdienstmöglichkeiten. So verlangten sie Entschädigungszahlungen, die vorerst von der Klubführung abgelehnt wurden. Doch letztlich lenkte die Vereinsführung jedoch ein und es kam zu einer finanziellen Übereinkunft.

So verlief die Winterpause relativ ruhig in Döbling und die Vienna startete Ende Februar ambitioniert in die Frühjahrsmeisterschaft. In den beiden ersten Runden besiegte sie Bregenz und den LASK. Die Döblinger verteidigten damit vorerst die Tabellenspitze. Doch die beiden Siege gegen die Abstiegskandidaten machten die Vienna zu sicher und prompt verlor man die nächste Partie in Simmering. Auf der Simmeringer „Had“ wurde ein kompromissloser, harter Fußball gepflegt und die Vienna kam mit dieser harten Gangart nicht zurecht. Die Welt am Montag brachte die blau-gelbe Leistung auf den Punkt: „Die Stärke und die Schwäche der Vienna trat (sic!)in diesem Spiel noch deutlicher als sonst hervor: Auf die Hintermannschaft ist Verlaß, der Sturm hingegen besitzt bei weitem nicht das Format, das ein Tabellenführer der Staatsliga A besitzen soll.“

Im Frühjahr hatte Trainer Hofmann wieder umgestellt, ließ jetzt Jericha auf der Mittelstürmerposition spielen und beorderte Ersatzspieler Peyerl auf Linksaußen. Auch in den nächsten Spielen taten sich die Döblinger schwer, holten einen knappen Sieg über die Admira und remisierten gegen den GAK. Wieder war die Chancenverwertung mangelhaft und die Vereinsführung machte sich so ihre Gedanken. Innerhalb des Kaders hatte Trainer Hofmann schon viel probierte und die Möglichkeiten waren begrenzt. Doch im Vienna Nachwuchs schlummerte ein Rohdiamant: Der 16-jährige Johann „Hans“ Buzek erzielte Tore am laufenden Band. Bei einem Schulmatch auf der Hohen Warte war er Trainer Hofmann aufgefallen und der talentierte Buzek entwickelte sich im Nachwuchs prächtig.

Ein Debüt mit Folgen

Einerseits hatte die blau-gelbe Mannschaft, Schwierigkeiten Tore zu erzielen, andererseits gab es da diesen jungen Spieler im Nachwuchs, der alle Tornetze zerschoss. „Warum diesen jungen Buzek nicht in die erste Mannschaft beordern“, dachten einige Funktionäre der Vienna. Doch wer sich dagegen sträubte, war ausgerechnet Trainer Hofmann, der Entdecker selbst. Hofmann ein konservativer Trainer alter Schule, wollte den jungen Buzek nicht schon jetzt in die Kampfmannschaft einbauen. Er war davon überzeugt, dass dem Nachwuchsmann die Zukunft gehören könnte. Aber ob er schon jetzt so weit war, der Mannschaft im Titelkampf zu helfen? Zum Leitwesen des Vorstandes lehnte der Trainer die Beförderung von Buzek zuerst ab. Schlussendlich setzten sich aber die Funktionäre durch. Hofmann musste Buzek befördern und der Goldschmied-Geselle debütierte am 07.05. 1955 gegen den SV Kapfenberg. So gleich wurde der Sechzehnjährige auf die Mittelstürmerposition gestellt und erzielte auch beim ungefährdeten 3:1 Sieg ein Tor. Die Zeitungen überschlugen sich voll des Lobs für die couragierte Leistung des Jugendauswahlspielers. So schrieb etwa der Bild-Telegraf: „Der gertenschlanke Buzek erinnert in seiner Zielstrebigkeit und einfachen Spielweise an einen englischen Zenterforward. Er ist ständig auf der Lauer, eine Torchance zu nützen. Er ist im Kopfballspiel glänzend beschlagen, versteht nach beiden Seiten hin die Flügelstürmer mit weiten Passes geschickt in Szene zu setzen, und last not least, agiert er mit beiden Beinen, was besonders bei der chronischen „Einbeinigkeit“ unserer meisten Akteure angenehm ins Auge fällt.“

Dabei waren die Vorzeichen vor dem Spiel alles andere als positiv, fiel doch Spielgestalter Koller wegen Blinddarmentzündung aus. Die Mannschaft konnte diese Schwächung jedoch kompensieren und fasste durch das Erfolgserlebnis neuen Mut. Es schien, als hätte Trainer Hofmann jetzt endlich die richtige Formation im Angriff gefunden. Buzek sollte die Mittelstürmerposition übernehmen, als Verbinder unterstützten ihn Walzhofer und Jericha. Auf Rechtsaußen verdrängte Grohs Menasse, der noch im Herbst alle Spiele gemacht hatte. Auf Linksaußen konnte sich der junge Pichler in die Mannschaft spielen. Neben diesen beiden jungen Stürmern trat auch Nachwuchsläufer Obst vorrübergehend in die großen Fußstapfen von Karl Koller. Um Buzek mehr Spielpraxis zu verschaffen, ließ Hofmann seinen jungen Mittelstürmer auch in einem Freundschaftsspiel antreten. Doch in diesem Spiel verletzte sich der Jungstürmer und fiel für die wichtige Partie gegen den Wiener Sport-Club aus.


Bild: Vienna - Austria Wien 3:1 (Herbst 1954, 13. Runde, Hohe Warte, 14 000 Zuschauer)
        Rudi Röckl befreit per Kopf, in der Mitte Kapitän Karl Koller


Teil 3 der Serie (erscheint am 25. Juni 2015) ....